Welche Abenteuer passieren vor, hinter, neben der Kunst? In der Postkartenperformance "Seltsame Übernachtungen" wendet sich Doris Prlic 2011 dem alltäglichen Wahnsinn des Übernachtens in Unterkünften zwischen freundlicher Privatunterkunft und trashiger Absteige zu.
In mehreren Projekten der letzten Jahre hat sich Doris Prlic mit den Rahmenbedingungen der Kunstproduktion und Fragen der Raumplanung, wie auch der Gesellschaft in städtischen Räumen auseinandergesetzt. Die von ihr im Rahmen des Festivals der Regionen kuratierte Reihe setzte sich mit der Planbarkeit der Kreativität in Wohnsiedlungen und der Ordnung der Peripherie in Satellitensiedlungen auseinander. Für das Architekturforum in Linz kuratierte sie eine Ausstellung über Leerstand und sie nützte diesen für ein Ausstellungsprojekt im Brüssel.
In "Seltsame Übernachtungen" kommen diese verschiedenen Aspekte mit einer gehörigen Portion Heiterkeit zusammen: Insgesamt 20 Künstler und Künstlerinnen erzählen in kurzen Beschreibungen von einem oder mehreren Erlebnissen, die im direkten Zusammenhang mit den typischerweise improvisierten Lebens- und Arbeitsbedingungen auf Reisen zusammenhängen. Reisen stellt hier nicht eine freiwillige Tour auf der Suche nach Inspiration dar, sondern eine ökonomische Notwendigkeit zwischen Ausstellungsaufbau und Finanzierung des Lebensunterhalts durch Arbeitsaufenthalte und Stipendien.
Prlic stellt damit einen blinden Fleck des Kunst- und Kulturbetriebs aus. Kunst als Arbeit mit sozialen Rahmenbedingungen ist im Kunstmarkt nicht vorgesehen: Hier wird nach wie vor das Bild des freien, einzelnen Genies verkauft, der aus nichtigen Arbeitsmitteln und -verhältnissen Meisterwerke schafft, die sich der geneigte Kunde als Investition leisten sollte. In Seltsame Übernachtung wird diese wirkmächtige Inszenierung auf schlaue Weise brüchig. Doris Prlic setzt nicht auf performative Selbstinszenierung, sondern bleibt Beobachterin. In formalisierten Bedingungen, die den Filter des Textes und der Illustration verwenden, gelingt es ihr ein präzises ein präzises Bild zu schaffen. So entstehen Einblicke in die absurde Welt des Freien Marktes in Indonesien, Buenos Aires, Bremen oder Graz in ein Leben zwischen Luftmatratzen, fehlender Heizung und skurrilen Mängeln. Und schließlich wird so das Meta-Kunstwerk wieder zum Kunstwerk: Die bloße Beschreibung der Arbeitsbedingungen der Kunst selbst wird wiederum zur poetische Verdichtung, die es erlaubt die eigenen Lebensverhältnisse zu reflektieren. Die Performance und Ausstellung wurde in Salzburg, Linz, Stuttgart und Den Haag präsentiert. Im Utopia Parkway Stuttgart zeigte Doris Prlic das inhaltlich verwandte Projekt „Arttous“, das gleichsam eine Do It Yourself Fassung des Themas Kunst auf Reisen ist.
aufgeführt in:
Grandhotel Itzling, Salzburg, Ukradenà Galerie, Linz; Utopia Parkway, Stuttgart
Produktion: Doris Prlic mit Lucas Norer